Rock und Schürze
In mancher Hinsicht sind wir tatsächlich altmodisch in unserer historischen Trachtengruppe: Frauen und Mädels tragen Rock und Schürze – keine Hosen. Schauen wir uns dieses Kleidungsstück aus historischer Perspektive genauer an. Wie ist es gemacht und durch was zeichnen sich Rock und Schürze in der „Miesbacher Gegend im bayerischen Hochland“ Anfang des 19. Jahrhunderts aus?
Wir versuchen erneut eine Beschreibung des historischen Originals. Damals war es Mode, heute sagen wir Tracht dazu. Der Begriff ‚Tracht‘ bezeichnet im Wortsinn einfach nur das Getragene bzw. die Art und Weise, wie es zur damaligen Zeit getragen worden ist. Ursprünglich definiert ‚Tracht‘ keines- wegs eine bewahrenswerte Kleiderkultur, die als Merkmal zur Identifikation mit Lebensart und Region betrachtet wird. Im Gegenteil, man wollte sich schön und zeitgemäß – modern – kleiden. Und man blickt nach oben zu den hierarchisch höher gestellten gesellschaftlichen Kreisen.
Kleidung ist seit jeher einem Wandel unterworfen und verändert sich über die Zeit. Beim Rock lässt sich das wunderbar etwa über die Länge oder die Form ablesen. In der Biedermeierzeit (1815-1840) verliert der Rock seine Röhrenform, wird nach unten immer weiter und faltiger und vor allem kürzer. Erneut versuchen wir, ein typisch Schlierseer Bild von Rock und Schür- ze zu zeichnen und greifen dazu auf Fachliteratur aus dem Schneiderhand- werk und vielfältiges historisches Bildmaterial zurück. Wir interpretieren his- torische Zeichnungen und Gemälde und beschreiben das Aussehen und die Machart dieses Kleidungsstück. Wir definieren damit keine strenge Kleider- regel, sondern wollen Orientierung geben wenn es um die möglichst authen- tische Wiederbelebung und Pflege der historischen Mode von Schliersee geht.
Machart
Für den Rock bieten sich zwei Macharten an. Der Stoff wird gereiht oder er wird in Falten gelegt. Soll der Rock gereiht werden, kommt es auf die Län- ge des Oberteils (Leiberl) an, d. h. auf den Sitz der Taille. Je höher die Taille, desto breiter wird der Rock (oben) gereiht.
Typischerweise ergibt sich eine 10 bis 14 cm breite Reihung. Gereiht wird der Rock hinten und links und rechts über die Hüfte nach vorne. Auf der Vorderseite wird nicht mehr gereiht. Stattdessen wird der Stoff vorne links und rechts in ein oder zwei Falten gelegt. So trägt der Rock vorne nicht auf.
Die Alternative ist, den Rock in Falten zu legen. Auf den historischen Auf- nahmen überwiegen Röcke, die in kleine Falten gelegt sind. So kann der Stoff wahlweise in einfache oder doppelte Falten und wahlweise nur in eine Richtung, oder symmetrisch zur (hinteren) Mitte hin in Falten gelegt werden. Wir empfehlen, den Stoff seitlich an den Hüften in tiefere Falten zu legen, damit der Rock insgesamt schöner fällt. Auf der Vorderseite braucht es erneut weniger Falten, damit der Rock vorne nicht aufträgt. Benötigt werden etwa 4 m Stoff, um die untere Weite zu erzielen. Der Stoff wird in der Länge oder in Bahnen (3,5 bis 4) verarbeitet.
Rock-Abschluss und -länge
Am unteren Ende wird der Rock rundherum umgeschlagen und eingesäumt. Als dekorativer Ab- schluss kann außen auch ein Rips- oder Samtband aufgenäht werden. Es ist bei den Mädels 2 bis 3 cm, bei den erwachsenen Frauen 4 bis 5 cm breit, farblich Ton in Ton gehalten oder abge- setzt. Alternativ ist auch ein so genanntes „Kittelblech“ durch- aus verbreitet. Darunter ver- steht man einen Stoffstreifen auf der Innenseite des Saums. Der wird – raffinierter Weise – nur beim Tanz sichtbar, wenn sich die Dame dreht.